Der Investitionsstau in den Thüringer Kommunen ist immens. Das Land will helfen, sagt Finanzministerin Wolf. Zur Enttäuschung mancher Bürgermeister aber nicht mit Geld direkt aus der Landeskasse.
Erfurt. Kaputte Straßen, Sanierungsbedarf in Schulen, Sporthallen und Freibädern - Thüringens Kommunen haben einen immensen Investitionsstau. Das Land will nun jährlich 250 Millionen Euro an zusätzlichen Investitionen in Städten, Gemeinden und Kreisen möglich machen, wie Finanzministerin Katja Wolf (BSW) bei einem Treffen von etwa 130 Bürgermeistern, Stadtkämmerern und Kommunalvertretern in Erfurt sagte. Insgesamt gehe es um eine Milliarde Euro bis zum Ende der Legislaturperiode 2029. Allerdings handele es sich dabei nicht um direkte Zahlungen aus der Landeskasse an die Kommunen. Das hatten einige Kommunalpolitiker erwartet, die enttäuscht reagierten. Vorgesehenen seien Kreditangebote der Thüringer Aufbaubank in diesem Volumen. Das Land werde die Zinszahlungen sowie die Tilgung der Darlehen übernehmen, kündigte die Ministerin an. «Das ist die einzige Chance für das Land, schuldenrechtskonform den Kommunen zu helfen», sagte Wolf. Das Programm solle so organisiert werden, dass es auch von finanzschwachen Kommunen, die eigentlich keine Kredite aufnehmen können, genutzt werden kann. Ziel sei, dass alle Thüringer Kommunen die Chance hätten, in ihre Infrastruktur zu investieren. Im Finanzausgleich zwischen Land und Kommunen, der derzeit überarbeitet wird, werde es nicht gelingen, im großen Maßstab Geld draufzupacken, sagte Wolf. Die Höhe der Zahlungen des Lands an die Kommunen ist in Thüringen ein Dauerthema, über das in den vergangenen Jahren immer wieder heftig gestritten wurde. Nach einer Untersuchung der Thüringer Aufbaubank beträgt der jährliche Investitionsbedarf der Thüringer Kommunen 1,6 Milliarden Euro, allein, um die Infrastruktur auf dem heutigen Stand zu erhalten, sagte der Vorstandschef der Förderbank, Matthias Wierlacher. Er macht ebenfalls Unterstützungsangebote: «Wir merken, dass wir wirklich etwas für Sie tun können», sagte er in Richtung der Kommunalpolitiker. Wolf bekräftigte, dass angesichts der angespannten Finanzlage des Lands Förderprogramme auf den Prüfstand kommen. Die Thüringer Standards lägen in vielen Fällen «weit oberhalb des Mindeststandards». Sie bat die Kommunen um Unterstützung und Hinweise beim Durchforsten der Programme. Allein für die Kommunen seien es 205 in Thüringen. Die Ministerin sprach von einem Förderdschungel. Das Nachbarland Sachsen habe gezeigt, dass er durchforstet werden könne. Weder Land noch Kommunen dürften jedoch trotz eines massiven Konsolidierungsdrucks bei Investitionen sparen. «Schon gar nicht nach dem Zusammenbruch des privaten Wohnungsbaus.» Viele andere Ausgaben des Lands müssten aber kritisch hinterfragt werden - auch angesichts der demografischen Entwicklung mit einer schrumpfenden und älter werdenden Bevölkerung. «Seinen derzeitigen Personalbestand kann das Land auf Dauer nicht finanzieren», sagte Wolf. Nach der Steuerschätzung im Mai werden die Einnahmen der Thüringer Kommunen in diesem Jahr voraussichtlich um 101 Millionen Euro geringer ausfallen als erwartet. Im kommenden Jahr fließen danach voraussichtlich 127 Millionen Euro weniger an Steuereinnahmen. 2027 seien es 136 Millionen Euro weniger als noch im vergangenen Herbst prognostiziert. Bei den Einnahmen der Kommunen wirkten sich ein geringeres Aufkommen an Gewerbesteuern angesichts der schwachen Konjunktur aus, aber auch Änderungen im Steuerrecht durch den Bund. Finanzministerin Wolf will zumindest einen Teil der Mindereinnahmen der Kommunen in den kommenden beiden Jahre ausgleichen.Investitionsstau von jährlich 1,6 Milliarden Euro
205 Thüringer Förderprogramme für Kommunen
Steuerschätzung sagt Einnahmeausfälle voraus
(dpa/th)
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