Nur in einem Bruchteil der historischen Mühlen in Thüringen wird noch aktiv produziert. Für den Erhalt der anderen Standorte sind viel privates Engagement und Ideenreichtum gefragt.
Erfurt. An Thüringens historischen Mühlenstandorten werden nur noch selten kommerziell Mehl, Öl oder andere Produkte hergestellt. «Aktuell sind in Thüringen noch etwa 140 Mühlen physisch vorhanden, eine tatsächliche Nutzung gibt es noch an rund einem Dutzend Standorten», weiß Thomas Schwarick, Vorsitzender des Thüringer Landesvereins für Mühlenerhaltung und Mühlenkunde (TVM). Die meisten dieser Unternehmen hätten sich auf die Mehlherstellung spezialisiert und vermarkteten ihre Produkte in erster Linie regional an Bäckereien, Restaurants und Privatkunden. Beispiele seien etwa die Gustav Zitzmann Mühle Ingersleben (Landkreis Gotha) oder die Clauder-Mühle in Denstedt (Landkreis Weimarer Land). Gerade in Zeiten, in denen Mehl vor allem aus großen Mühlen stamme und über Supermärkte vertrieben werde, seien die kleinen Mühlen eine Bereicherung, findet Schwarick. Vor allem die angebotene Vielfalt bei Vermahlungsgraden und Getreidearten sei im Standardrepertoire der Supermärkte kaum zu finden. Daneben werde in der ursprünglich als Getreidemühle genutzten Kunst- und Senfmühle Kleinhettstedt (Ilm-Kreis) bis heute Senf produziert. Der Großteil der übrigen Mühlen werde heutzutage auf unterschiedliche Weise genutzt, so Schwarick. Die meisten davon seien Technikmuseen - hier könne wiederum zwischen Standorten unterschieden werden, die stillgelegte Mühlen als Anschauungsobjekt instand hielten und jenen, die die Anlage bis heute aktiv in Betrieb hielten und den Mahl-Prozess tatsächlich vorführen könnten. Letzteres sei etwa in der Heiligen Mühle in Erfurt, der laut Schwarick aktuell wohl einzigen funktionierenden historischen Graupenmühle in Deutschland, und in der Steinbachsmühle in Gräfenthal (Landkreis Saalfeld-Rudolstadt) möglich. In der Regel würde Mühlen von Privatpersonen oder Vereinen erhalten. Hier mache sich die Überalterung immer stärker bemerkbar, viele engagierte Mühlenbetreiber müssten aus Altersgründen ihr Hobby aufgeben. Aktuell sei zwar noch kein «Mühlensterben» in Sicht. «Aber natürlich würden wir uns wünschen, dass sich mehr Mühlenfreunde finden würden, die sich einer Mühle annehmen», sagt Schwarick. Die Verantwortung für eine Mühle erfordere allerdings viel Zeit und auch Geld. Beispiele, wie sich aus einer historischen Mühle Einnahmen generieren ließen, gäbe es einige: Beliebt seien etwa Mühlen-Cafés, die die Mühlenromantik nutzten, um Gäste anzuziehen. Auch die Stromerzeugung durch Wasserkraft sei verbreitet. Allerdings werde es Schwarick zufolge immer schwieriger, strenger werdende Umweltvorgaben - etwa in Bezug auf die von der EU geforderte Durchgängigkeit der Fließgewässer - und die Interessen der Mühlenbetreiber in Einklang zu bringen. Einzelne Mühlen würden zudem als Eventlocations genutzt. «Grundsätzlich ist es natürlich unser oberstes Ziel, dass historische Mühlen erhalten bleiben», fasst Schwarick zusammen. «Fast ebenso wichtig ist es aber, dass diese in einem funktionierenden Zustand gehalten werden.» Hilfreich wäre es, wenn Mühlenbesitzer zur Unterstützung einfacher Fördermitteln erhielten. Am deutschen Mühlentag am 9. Juni nehmen in Thüringen laut TVM in diesem Jahr 59 Mühlen teil. Diese Zahl sei seit der ersten Veranstaltung 1994 weitgehend stabil. Das Besucherinteresse sei jedes Jahr sehr hoch, so Schwarick. Im kommenden Jahr ist Thüringen der Ausrichter der bundesweiten Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Mühlenkunde und Mühlenerhaltung. Die Tagung findet vom 5. bis 7. Juni 2026 in Bad Langensalza statt.Museum statt Mehlproduktion
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(dpa/th)
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