Thüringen hat sich mit einem Landesaktionsplan auf den Weg gemacht, häuslicher Gewalt zu begegnen. Warum die steigenden Fallzahlen aus Sicht der Ministerin ein gutes Signal sind.
Erfurt. Die steigende Anzahl an Fällen häuslicher Gewalt in Thüringen ist aus Sicht von Thüringens Sozialministerin Katharina Schenk (SPD) ein Signal für Fortschritte bei der Präventionsarbeit. Es würden mehr Fälle gemeldet als bislang. «Es muss ja immer darum gehen, das Hellfeld größer zu machen», sagte die SPD-Politikerin in Erfurt bei der Vorstellung des Umsetzungsberichts zur Istanbul-Konvention für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. «Die Sichtbarkeit ist natürlich ganz zentral, um am Ende auch die Maßnahmen mit der nötigen Vehemenz durchzusetzen», so Schenk. «Jeden Tag wird in Deutschland eine Frau von ihrem Partner oder von ihrem Ex-Partner angegriffen mit dem Ziel, sie zu töten», sagte Thüringens Gleichstellungsbeauftragte Nadja Sthamer (SPD). Das geschehe nicht nur weit weg, sondern auch vor Ort. 2023 wurden in Thüringen laut Lagebericht der Polizei 6.551 Menschen Opfer häuslicher Gewalt. Gegenüber 2019 entspricht das einer Steigerung um 22,1 Prozentpunkte. Die meisten der Betroffenen waren Frauen oder Mädchen. Allerdings geht die Polizei von einer hohen Dunkelziffer aus. Mit einem ressortübergreifenden Landesaktionsplan hat sich Thüringen 2024 auf den Weg gemacht, mit 142 Maßnahmen gegen häusliche Gewalt vorzugehen. «Das ist etwas bundesweit sehr Einmaliges und darüber können wir hier in Thüringen sehr stolz sein», so Sthamer. «In Thüringen ziehen alle an einem Strang, wenn es um die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen geht.» Beispiele dafür seien etwa der seit Jahresbeginn geltende Rechtsanspruch auf einen Schutzplatz für von häuslicher Gewalt betroffene Frauen. Das Land hat deshalb die Zuständigkeit für Frauenhäuser von den jeweiligen Kommunen übernommen und übernimmt zu einhundert Prozent die Kosten für Frauenhäuser und Beratungsstellen. Auch das seit Dezember verfügbare Angebot einer anonymen und kostenfreien Spurensicherung für Opfer häuslicher Gewalt am Uniklinikum Jena gehöre zu diesen Maßnahmen. Ebenso wie die von Innenminister Georg Maier (SPD) im Rahmen der Reform des Polizeiaufgabengesetzes geplante Einführung der elektronischen Fußfessel. Sie soll potenzielle Opfer häuslicher Gewalt besser schützen und Straftaten im Idealfall verhindern. Hier fordert die Union nun Tempo: «Unsere Polizei und die Justiz müssen mit klaren Befugnissen ausgestattet werden», fordert der Innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Jonas Urbach. Ziel der Koalition sei der bestmögliche Opferschutz. Genau hier setze die Fußfessel an. Die Opposition müsse überlegen, ob ihre pauschale Ablehnung des neuen Polizeiaufgabengesetzes zielführend im Sinne der Bürger ist, kritisiert Urbach die Haltung der Linken-Fraktion. Diese hatte vor einem Eingriff in die Grundrechte aller in Thüringen lebenden Menschen gewarnt.Polizei geht nach wie vor von hoher Dunkelziffer aus
Land finanziert Frauenhäuser und Beratungsstellen
Union fordert Tempo bei Polizeiaufgabengesetz
(dpa/th)
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