Nachdem ein Thüringer Polizist einen Fall von mutmaßlicher Polizeigewalt angezeigt hatte, geriet er selbst ins Visier von Kollegen. Nun hat die Staatsanwaltschaft Gera Anklage erhoben.
Erfurt. Ein Thüringer Polizist soll sich nach dem Willen der Staatsanwaltschaft Gera vor Gericht verantworten, weil er Daten ohne dienstlichen Grund abgefragt haben soll. Die Strafverfolger hätten gegen den Beamten Anklage beim Strafrichter des Amtsgerichts Rudolstadt erhoben, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Gera der Deutschen Presse-Agentur. Die Anklage wurde dem Polizisten inzwischen zugestellt. Ob das Gericht die Anklage auch zulasse, sei allerdings noch nicht entschieden worden, sagte der Sprecher des Gerichts. Der Fall gehört zu einer Reihe von Ermittlungen gegen Saalfelder Polizisten, mit denen sich auch einzelne Funktionäre der Gewerkschaft der Polizei (GdP) beschäftigt haben sollen. Dies führte zu einer umstrittenen Razzia bei der GdP Thüringen. Dem nun angeklagten Polizisten wird vorgeworfen, über das mobile Auskunfts- und Recherchesystem der Thüringer Polizei in den Dateien der Einwohnermeldeämter die dort erfassten Daten ohne einen berechtigten dienstlichen Grund abgefragt und weitergegeben zu haben, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft. «Dies diente einer willkürlichen, gezielten Kontrolle, welche als vermeintlich zufällige, allgemeine Verkehrskontrolle legendiert wurde», sagte der Sprecher. Ermittlungen gegen zwei weitere Polizisten in diesem Fall wurden eingestellt. Nach dpa-Informationen soll der Angeklagte seinen Dienst bei der Polizei in Saalfeld verrichtet haben. Er steht im Verdacht, die privaten Daten eines anderen Polizisten in den Datenbanken der Landes-Polizei abgefragt zu haben ? mit dem Ziel, diesen Polizisten in eine Verkehrskontrolle zu locken, was schließlich auch gelungen sein soll. Bei dem Beamten, der mutmaßlich auf diese Weise kontrolliert wurde, soll es sich um einen Polizisten handeln, der zuvor einen Fall von mutmaßlicher Polizeigewalt angezeigt hatte: Bei einem Einsatz von Polizisten aus Saalfeld soll einer der dort Eingesetzten Anfang 2023 zwei Männer misshandelt haben. Der Beamte, der diesen Fall angezeigt hatte, soll den eigenen Kollegen dann als «Verräter» gegolten haben. Bei der Saalfelder Polizei liefen in der Vergangenheit mehrere Ermittlungen gegen Beamte. In dem Fall mutmaßlicher Polizeigewalt soll der beschuldigte Beamte den Kopf eines Mannes mindestens zweimal gegen den Asphalt geschlagen haben. Den Kopf eines weiteren Mannes soll er mindestens zweimal gegen eine Treppe beziehungsweise eine Gebäudewand geschlagen haben. Der Polizist wurde inzwischen vom Amtsgericht Meiningen wegen Körperverletzung im Amt verurteilt. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig. In anderen Fällen stehen Saalfelder Polizisten im Verdacht, Rad- oder Motorradfahrer mit sehr rabiaten Methoden angehalten zu haben. Diese Vorwürfe hatten im November 2024 zu Razzien bei mehreren Polizisten aus Saalfeld geführt. Veranlasst hatte sie ebenfalls die Staatsanwaltschaft Gera, erlaubt hatte sie ein Ermittlungsrichter. Weil im Zuge der weiteren Ermittlungen der Verdacht aufgekommen war, auch Personalräte und Polizeigewerkschafter hätten sich illegal Informationen zu den Ermittlungsverfahren gegen die Saalfelder Beamten beschafft und diese weitergegeben, hatte die Staatsanwaltschaft Gera dann im März 2025 unter anderem die Räumlichkeiten der GdP in Erfurt durchsuchen lassen. Der Vorwurf damals: Geheimnisverrat. Die GdP hatte die Durchsuchungen in ihren Räumlichkeiten scharf kritisiert.Kollege in Verkehrskontrolle gelockt?
Vorwurf Körperverletzung im Amt
(dpa/th)
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