Bei ihrer Landeskonferenz in Weimar haben die Thüringer Jusos ihre politischen Positionen bestimmt - deutlich weiter links als die der SPD. An der Spitze des SPD-Nachwuchses steht eine Jura-Studentin.
Weimar. Thüringens SPD-Nachwuchs hat eine neue Chefin - und Position deutlich links von der Landes-SPD bezogen. Zur Landesvorsitzenden wählten die Jusos auf einer Landeskonferenz in Weimar Sophie Ringhand. Die 24 Jahre alte Jura-Studentin aus Jena bekam bei ihrer Wahl nach Angaben der Jusos 100 Prozent der abgegebenen Stimmen - ein Novum bei der SPD-Jugendorganisation. Ringhand folgt auf die 28 Jahre alte Melissa Butt, die vier Jahre an der Juso-Spitze stand und nicht erneut für das Amt kandidierte. «Wir verstehen uns als Links-Korrektiv der SPD», sagte Ringhand nach der Landeskonferenz. Die 24-Jährige, die bisher Vize-Vorsitzende war, kündigte in ihrer Bewerbung an, dass sie auch unbequeme Debatten führen wolle. Die SPD solle endlich wieder linke Politik für die Menschen machen. Massive Kritik übte der SPD-Nachwuchs in Weimar am Entwurf für den Thüringer Doppelhaushalt sowie an erweiterten Befugnissen für die Polizei, die SPD-Innenminister Georg Maier plant. Die Sozialdemokraten gehörten seit 1990 fast allen Landesregierungen in Thüringen an. Derzeit sind sie der kleinste Partner in einer Koalition mit CDU und BSW. Änderungen verlangten die Jusos in der Sozialpolitik der SPD in der Bundes- sowie in der Landesregierung. «Statt in den Chor der Angriffe der CDU auf den Sozialstaat mit einzusteigen, muss die SPD den Sozialstaat und das System der sozialen Sicherung verteidigen», forderten sie. Sie verlangten eine Vermögensabgabe für die reichsten 10 Prozent der Bevölkerung. Diese Forderung ist Teil eines Antrags, der von der Landeskonferenz einstimmig beschlossen wurde. Es sei unwürdig für eine sozialdemokratische Partei, ihre größte Errungenschaft - ein System der sozialen Sicherung - abzuwickeln, «während gleichzeitig 249 Milliardäre in Deutschland unbehelligt ihr Vermögen vermehren», so Ringhand. Wenn die SPD nach der nächsten Landtagswahl 2029 noch eine Rolle spielen wolle, müsse sie gegen Ungleichheit und Ungerechtigkeiten kämpfen. Die SPD hatte 2024 mit 6,1 Prozent ihr bisher schlechtest Ergebnis bei einer Landtagswahl in Thüringen eingefahren. Der SPD-Nachwuchs verlangt Nachverhandlungen und Verbesserungen im Doppelhaushalt 2026/27. Es sei «unseriös und politisch feige», dass die Regierungskoalition von CDU, BSW und SPD einen Etatentwurf vorgelegt habe, der ein Haushaltsloch von 210 Millionen Euro enthalte. Die sogenannte globale Minderausgabe, die seit einigen Jahren immer wieder in Thüringer Landeshaushalten steht, muss im Jahresverlauf von der Regierung durch Einsparungen oder mit nicht abgerufenen Geldern geschlossen werden. Dieses Vorgehen, bei dem der Landtag seine Entscheidung über Ausgabenkürzungen abgebe, habe eine «verheerende Wirkung», heißt es in einem Beschluss des SPD-Nachwuchses. Durch die globale Minderausgabe im Haushaltsentwurf gebe es erhebliche Unsicherheiten bei der Verfügbarkeit von Fördergeldern. Die Jusos setzten sich unter anderem für eine bessere Finanzierung der Kommunen mit Bädern ein. Viele von ihnen können ihre defizitären Bäder kaum noch finanzieren, Schließungen drohen. Verlangt wurden jährlich 30 Millionen Euro für die Bäder-Finanzierung. Diesen Betrag hat die CDU-Landtagsfraktion ebenfalls in einem «Härtefallfonds für Bäder» vorgeschlagen. Kritik wurde an vielen Neuregelungen für die Polizei geübt. «Eingriffsbefugnisse dürfen nie nur aus der Perspektive und Binnenlogik der Sicherheitsbehörden erlassen werden», heißt es in einem beschlossenen Antrag. Gesetzesänderungen seien zwar nötig, weil die Polizei vor anderen Herausforderungen stehe, erklärten die Jusos. «Dennoch stellen die Veränderungen in der Polizeiarbeit keinen legitimen Grund dar, einen Überwachungsstaat durch die Hintertür zu errichten».Jusos für Vermögensabgabe für Reiche
Haushaltsentwurf «unseriös und politisch feige»
Jusos befürchten Überwachungsstaat
(dpa/th)
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