Wer auf der Suche nach ein wenig Gänsehautfeeling ist, wird in Thüringen nicht nur zu Halloween fündig: Abseits der kommerziellen Aspekte stößt man im ganzen Freistaat auf Gruselgeschichten.
Erfurt. Fans von Grusel- und Schauergeschichten kommen in Thüringen nicht nur zu Halloween auf ihre Kosten. Abseits des Brauchs lassen sich im Freistaat zahlreiche Orte für Spuklegenden entdecken - und das teils sogar kostenlos. «Geister, Gespenster, weiße Frauen und der Leibhaftige können an Wegkreuzungen, Brunnen, Quellen, Höhlen, auf Burgen, aber auch in Stuben oder im Wald, an ehemaligen Gerichtsplätzen und auf Wüstungen auftauchen», fasst Juliane Stückrad von der Volkskundlichen Beratungsstelle in Hohenfelden zusammen. Eine besonders prominente Stellung habe dabei unter anderem der Hörselberg bei Eisenach, sagte Stückrad. Dieser spiele nicht nur in Richard Wagners Oper «Tannhäuser», sondern auch in zahlreichen Erzählungen eine Rolle. In zahlreichen Museen, Burgen und Schlössern sind dem Museumsverband Thüringen zufolge das ganze Jahr über gruselige Ausstellungsstücke Teil der Schauen. So sind etwa in der Dauerausstellung im Erfurter «Haus zum Stockfisch» nach dem Tod abgeschlagene Hände zu sehen. Diese konnten nach einem Rechtsbrauch, der seit dem 13. Jahrhundert schriftlich belegt ist, bei einer Auseinandersetzung vor Gericht als Beweisstück vorgelegt werden. Im Stadtmuseum im Franziskanerkloster in Saalfeld ist der mumifizierte «Schwurfinger» aus Daumen und Zeigefinger des «Eidbrechers Müller» aus dem 17. Jahrhundert ausgestellt. Das teils grausame Rechtsempfinden vergangener Zeiten wird etwa auf der Burg Posterstein im Altenburger Land thematisiert. Dort sind im historischen Gerichtsraum Kurzfilme zu sehen, die echte historische Gerichtsfälle der Region nachstellen. In vielen Museen und Burgen gehören auch Folterinstrumente zum Inventar. Dazu zählt etwa der «Tollenkasten» im Eichsfeldmuseum in Heilbad Heiligenstadt - ein Holzkasten, in dem Straftäter tage- oder wochenlang in sitzender Haltung eingesperrt wurden. Die einseitige Körperhaltung habe zur Lähmung der Gliedmaßen und mitunter zum Wahnsinn - also der namensgebenden «Tollheit» - geführt, hieß es vom Museum. Auf der Osterburg im ostthüringischen Weida kann bis heute ein Dunkelgefängnis, das sogenannte Hundeloch, besichtigt werden - zudem erzählt eine Ausstellung von der letzten Hinrichtung im Ort. Auch tierische Artefakte mit Gruselfaktor haben viele Häuser im Fundus. So liegt im Naturkundemuseum Mauretanium in Altenburg der «Rattenkönig». Dabei handelt es sich um 32 mit den Schwänzen verknotete Ratten, die 1828 beim Abriss eines Kamins entdeckt worden waren. Dem Museum zufolge ein einzigartiges Exemplar. Die städtischen Museen Zella-Mehlis und das Gothaer Schloss Friedenstein beherbergen unter anderem Mumien von Katzen. In Gotha sind außerdem Mumien, Mumiensärge und gefälschte Schlangenmumien zu sehen. In anderen Fällen ist es die Geschichte der Orte, die Beklemmung verursachen kann: So war die Leuchtenburg in Seitenroda von 1724 bis 1871 ein Zucht-, Armen- und Irrenhaus. Der Marterturm kann dort heute noch besichtigt werden. Mancherorts dient der in Thüringen noch recht junge Halloween-Brauch auch dazu, den Gruselfaktor stärker ins Licht zu rücken. So stellt unter anderem das Museum Kloster Veßra am 31. Oktober mit Schautafeln alte Sagen und Fakten in den Mittelpunkt. Diese reichen einem Sprecher zufolge von bis heute sichtbaren Artefakten - wie zur Abwehr von Dämonen angebrachte Fratzen an den Wänden der Klosterkirche - bis hin zu Sagen um Wassergeister und grausame Verbrechen. Das Ambiente der Burg Posterstein dient am 31. Oktober als Kulisse für einen Geistertag und eine Grusellesung für Erwachsene. Im Keller des Schlossmuseums Sondershausen und in den städtischen Museen Jena sind Lesungen für Kinder geplant. Das Eichsfeldmuseum und die Meininger Museen bieten Taschenlampenführungen. Auch im Stadtmuseum Gera, dem Schlossmuseum Arnstadt, dem Schloss Tenneberg in Waltershausen und der Sternwarte Sonneberg sind Veranstaltungen vorgesehen.Recht und Strafe in vergangenen Zeiten
Tierische Mumien und bizarre Artefakte
Halloween: Grusel für alle Generationen
(dpa/th)
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