Mehr als fünf Jahre ist es her, dass eine Linke-Politikerin im Thüringer Landtag Blumen geworfen hatte ? aus Wut. Nun können Besucher ausgerechnet dort über ihre eigene Wut nachdenken.
Erfurt. Eine Fotoausstellung lädt Besucher des Thüringer Landtages dazu ein, über ihre Wut zu reflektieren ? genau an dem Ort, an dem 2020 nach der Wahl von Thomas Kemmerich (bis 2025 FDP) zum Ministerpräsidenten Blumen auf dem Boden landeten. Das Projekt sei eine Einladung an die Menschen im Land, ihre Unzufriedenheit auszusprechen, «und sie nicht erst sprachlose Wut werden zu lassen», sagte Landtagspräsident Thadäus König (CDU) bei der Ausstellungseröffnung in Erfurt. Gerade in Zeiten der multiplen Krisen könne die Kunst so ein Ventil bilden und verhindern, dass Gefühle der Wut in Gewalt umschlagen. Die Ausstellung, die bis zum 23. November im Landtag zu sehen ist, trägt den Titel «Unverblümt». Die Künstler Yvonne Andrä und Stefan Petermann spürten dafür in 83 Gesprächen mit Menschen aus allen Regionen des Freistaats der Wut nach. Sie ließen ihre Gesprächspartner Blumen auf das werfen, was sie wütend macht, und fotografierten sie dabei. Wut sei extrem individuell, sagte Andrä. «Es gibt ein Spektrum von Wut, das Menschen empfinden», ergänzte Petermann. Die Frage sei oft, ob es Menschen gelinge, ihre Wut produktiv zu nutzen. Deutschland sei viel reicher an Haltungen, Meinungen und Einstellungen als in öffentlichen Debatten oft dargestellt werde, sagte Andrä. Sie bezeichnete es als «Blödsinn», von der Spaltung der Gesellschaft in ein linkes und rechtes Lager zu sprechen. «Ich glaube, das zeigt unsere Ausstellung.» Andrä und Petermann greifen mit ihrem Projekt den Blumenwurf der damaligen Linke-Fraktionsvorsitzende Susanne Hennig-Wellsow am 5. Februar 2020 auf. Thomas Kemmerich, bis zu seinem Parteiaustritt im September FDP-Politiker, war an dem Tag mit ausschlaggebenden Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten gewählt worden. Kemmerich nahm die Wahl an, konnte aber keine Regierung bilden und ernannte keine Minister. Hennig-Wellsow warf ihm einen Blumenstrauß vor die Füße. Der Strauß war ursprünglich für den bei der Wahl unterlegenen Bodo Ramelow (Linke) bestimmt gewesen.Ausstellung zur Wut der Thüringer
Blumenwurf von Linken-Politikerin als Ausgangspunkt
(dpa/th)
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