In Eisenberg versammeln sich die Sozialdemokraten hinter dem Kampf gegen Rechts. Doch es gibt auch strittige Themen. Angesichts des schwachen Wahlergebnisses sehen manche die SPD im Überlebenskampf.
Eisenberg. Die Thüringer SPD sieht sich als Bollwerk gegen Rechtsextremismus und eine starke AfD. «Wir waren es immer und wir werden es immer sein: Die Vorkämpfer gegen den Faschismus», rief Thüringens SPD-Chef Georg Maier den 199 Delegierten bei einem SPD-Landesparteitag in Eisenberg (Saale-Holzland-Kreis) zu. Er erntete dafür den lautesten Applaus seiner Rede. Die AfD, sagte er, sei eine völkisch-nationalistische Bewegung. Hinter dem Kampf gegen Rechts können sich die Sozialdemokraten versammeln, doch es gibt auch Themen, bei denen die Meinungen auseinandergehen. Thüringens Juso-Chefin Sophie Ringhand etwa sieht sozialdemokratische Überzeugungen in Gefahr. «Wir erleben ja nicht nur Angriffe der CDU auf unseren Sozialstaat - sei es bei der Ausgestaltung der Rente oder die Vorschläge im Hinblick auf die neue Grundsicherung», sagte sie am Rande des Parteitages. Das ungewöhnliche Regierungsbündnis aus CDU, BSW und SPD nannte sie in ihrer Rede eine «unliebsame Koalition». Doch auch in der eigenen Partei würden Grundüberzeugungen infrage gestellt, sagte sie später am Rande der Veranstaltung. «Das sind zum Beispiel Pilotprojekte, wie sie in Nordhausen jetzt durchgeführt werden, wo man junge Arbeitslose mit dem Ordnungsamt zwingt, Arbeit aufzunehmen.» Hintergrund ist ein Pilotprojekt des Landkreises Nordhausen, um junge Menschen zur Arbeitsaufnahme zu bewegen. Landrat Matthias Jendricke (SPD) sagte, es seien in einem ersten Schritt rund 60 solche jungen Menschen angeschrieben worden, nur 30 hätten sich zurückgemeldet. Von den 30 seien nur acht zur Arbeit, mit der sie sich laut Jendricke für einen Euro pro Stunde etwas dazuverdienen können, erschienen. Das Ordnungsamt habe dann bei den Betroffenen zu Hause geklingelt. «Wir haben leider die höchste Arbeitslosenquote bei den jungen Menschen inzwischen», sagte Jendricke. Viele ließen sich nicht von den Jobcentern aktivieren, beklagte er. Die Kritik der Jusos wies er zurück. «Ich habe überhaupt kein Problem, vielleicht auch in einem Disput mit den Jusos in meiner Partei zu stehen. Da müssen die vielleicht erstmal berufliche Erfahrungen sammeln, um das richtig einschätzen zu können», sagte er. Landesparteichef Georg Maier kennt die Konflikte in seiner Partei. Es sei das Privileg einer Jugendorganisation, auch mal zuzuspitzen, sagte er am Rande des Parteitages. Er sei offen für konstruktive Kritik. Schon in seiner Rede griff er einen Jusos-Vorstoß auf und kündigt an, das sogenannte spanische Modell zum Schutz von Frauen vor häuslicher Gewalt in einen Entwurf zur Reform des Polizeiaufgabengesetzes aufzunehmen. Gefährdete Frauen sollen gewarnt werden, wenn sich ein potenzieller Täter trotz Verbots nähert. Jusos-Vorsitzende Ringhand begrüßte Maiers Ankündigung, machte aber auch klar, dass es weitere Kritikpunkte an den Reformplänen gibt - etwa der geplante Einsatz von Tasern und von KI in der Polizeiarbeit. «Wir kritisieren insbesondere auch die Videoüberwachung im öffentlichen Raum», sagte Ringhand. DIe Jusos und die oppositionelle Linke stünden bei diesen Themen auf der gleichen Seite. Einige der geplanten Maßnahmen im Polizeiaufgabengesetz müssten zurückgenommen werden, sagte Ringhand. «Und wenn das nicht passiert, kann die Partei mit unserem Widerstand rechnen.» Ringhand sieht die SPD angesichts des Wahlergebnisses von sechs Prozent bei der Landtagswahl 2024 in gefährlicher Nähe zur Fünf-Prozent-Grenze. Im vergangenen Jahr holten die Sozialdemokraten mit Georg Maier als Spitzenkandidaten 6,1 Prozent. «Sechs Prozent ist Existenzkampf», sagte Ringhand. Sie habe das Gefühl, dass das in der Partei auch zunehmend so wahrgenommen werde. «Ich hoffe, dass wir schnell in den Prozess kommen, uns für die Landtagswahl 2029 aufzustellen.» Im mit etlichen Änderungen angenommenen Leitantrag sieht die SPD die Demografie mittelfristig als größte Herausforderung für Thüringen. «Wir müssen Versorgung neu denken, dezentral, flexibel, generationengerecht. Es geht darum, auch bei sinkenden Bevölkerungszahlen gleichwertige Lebensverhältnisse zu sichern», steht in dem Antrag. Die Polizei soll personell und technisch weiter gestärkt werden. Bei der Pflege sprechen sich die Sozialdemokraten für eine «solidarisch finanzierte» Pflegeversicherung aus. Mit einer Deckelung bei den Pflegekosten will die SPD Familien vor steigenden Kosten schützen. Außerdem wollen die Sozialdemokraten auf Antrag der Jusos Initiativen für eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer und die Erhebung einer Vermögensabgabe für die obersten zehn Prozent der Bevölkerung unterstützen.Landrat: Kein Problem, mit Jusos in Disput zu gehen
Jusos fordern Änderungen im Polizeiaufgabengesetz
SPD sieht Demografie als größte Herausforderung
(dpa/th)
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