Thüringen will Wirtschaft, Kommunen und Bürger von zu viel Bürokratie befreien. Die Regierung geht den ersten Schritt ? und Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) legt die Messlatte hoch.
Erfurt. Weniger Vorschriften, mehr Vertrauen: Thüringens Landesregierung hat dem Landtag ein erstes Gesetz zum Bürokratieabbau vorgelegt. «Die Menschen erwarten, dass der Staat funktioniert», sagte Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) in einer Sondersitzung des Parlaments in Erfurt. «Heute reißen wir die Mauern aus Überregulierung, Misstrauen und Papier ein.» Es gehe um einen Staat, «der nicht bremst, sondern ermöglicht». Die Plenarsitzung wurde auf Antrag der AfD-Fraktion zeitweise unterbrochen, weil ihr Abgeordneter Jörg Prophet von Landtagspräsident Thadäus König mehrfach ermahnt wurde, zum Thema zu sprechen. Kritik an dem Gesetz, das weiter in den Landtagsausschüssen beraten wird, kam von den Oppositionsfraktionen AfD und Linke. Die AfD-Abgeordnete Nadine Hoffmann sprach von einer Mogelpackung. Linke-Fraktionschef Christian Schaft warf der Regierung aus CDU, BSW und SPD viel Show vor. Ziel des sogenannten Entlastungsgesetzes sei es, bürokratische Hürden für Wirtschaft, Kommunen und Bürger zu senken, sagte Voigt. «23 Gesetze werden angepackt. Der Staat bewegt sich.» Thüringen solle sich zum modernsten und schnellsten Bundesland in Deutschland entwickeln, «wir wollen dieses Land beschleunigen», kündigte der Regierungschef an. Die Menschen müssten erleben, dass der Staat für sie da ist, «sonst wenden sich die Menschen ab». Zu lange seien Vorschriften immer nur ergänzt und nicht entrümpelt worden. «Zu lange wurde abgesichert, aber nicht entschieden.» Die Landesregierung werde künftig jährlich ein Entlastungsgesetz für den Bürokratieabbau vorlegen, kündigte Voigt an. In einem ersten Schritt sollen eine Reihe von Gesetzen, Verordnungen und Regeln vereinfacht werden. Die Regierung von CDU, BSW und SPD hat sich Verwaltungsvereinfachungen und Bürokratieabbau als Ziel in den Koalitionsvertrag geschrieben. - Widerspruchsverfahren werden in einigen Bereichen abgeschafft. - Es soll voll automatisierte Entscheidungen geben: Bürger würden Bescheide in Minuten statt in Wochen erhalten, so die Ankündigung. - Die 172 Förderprogramme des Landes, für die es 19 Bewilligungsstellen gibt, werden standardisiert, digitalisiert und vereinfacht. - Nach dem sogenannten «Once-Only-Prinzip» sollen Daten nur einmal angegeben werden. - Die Kommunen sollen durch ein sogenanntes Standard-Erprobungsgesetz befristet von Vorgaben abweichen können und neue, einfachere Verfahren testen. Was sich bewährt, solle auf andere übertragen werden. - Hochschulen, Kommunen und Verwaltungseinheiten sollen von unnötiger - Das Bauen soll erleichtert werden und digitale Standards bis hin zum Jagdrecht geschaffen werden. Vertreter von CDU, BSW und SPD nannten den Bürokratieabbau ein Kernthema ihrer Koalition. «Wir schneiden zurück, was zu dicht geworden ist», sagte CDU-Fraktionschef Andreas Bühl. Es gebe Vereinfachungen, «ohne Rechte zu beschneiden». Der BSW-Fraktionsvorsitzende Frank Augsten sprach von einem «wichtigen Schritt auf einem langen Weg». SPD-Fraktionschef Lutz Liebscher sagte, «Bürokratieabbau darf kein Standardabbau sein». Der AfD-Abgeordnete Prophet sprach von einem «Omnibusgesetz», in das Regelungen für völlig verschiedene Bereiche gepresst worden seien. Es würde die Verwaltungen entlasten, aber nicht die Bürger. Linke-Fraktionschef Schaft verwies unter anderem darauf, dass Studierende monatelang auf Entscheidungen zu ihren BAföG-Anträgen in Thüringen warteten. Aussagen in der Regierungserklärung von Voigt hätten teilweise wie Kalendersprüche gewirkt. Offen sei, was Landtagsbeschlüsse künftig wert seien, wenn Kommunen künftig von Vorgaben abweichen könnten. «Der Gesetzentwurf ist nicht die große Zeitenwende», sagte Schaft. Er habe sich von einer Regierungserklärung nach einem Jahr Brombeerkoalition mehr Antworten zu den drängenden Problemen der Menschen wie Arbeitsplatzerhalt oder Gesundheitsvorsorge erwartet.«23 Gesetze werden angepackt»
Was sich ändern soll:
Dokumentationspflicht entlastet werden.Linke: «Gesetzentwurf ist nicht die große Zeitenwende»
(dpa/th)
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